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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 28. Oktober 2025 – 3 AZR 24/25

Schlagworte/Normen:
Betriebsrentenanpassung - wirtschaftliche Lage – Prognose

Volltext PE:
Die Entscheidung der Commerzbank AG, die Betriebsrenten zum gebündelten Anpassungsstichtag 1. Juli 2022 nicht an den Kaufkraftverlust anzupassen, entsprach billigem Ermessen gemäß § 16 Abs. 1 BetrAVG.

Der Kläger ist seit 1. Juli 2007 Betriebsrentner der beklagten Commerzbank AG. Seine Betriebsrente belief sich zunächst auf 1.619,00 Euro brutto. Nachdem zum 1. Juli 2010 und zum 1. Juli 2013 aufgrund einer unzureichenden wirtschaftlichen Lage der Beklagten keine Anpassung erfolgt war, wurde die Betriebsrente zum 1. Juli 2016 und zum 1. Juli 2019 angehoben, zuletzt auf 1.728,00 Euro brutto. Im Oktober 2022 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2022 aufgrund einer unzureichenden Eigenkapitalverzinsung in den vorangegangenen Geschäftsjahren 2019 bis 2021 eine Anpassung unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lage nicht geboten sei, sie die Betriebsrenten jedoch freiwillig um 2 % anhebe – beim Kläger auf 1.763,00 Euro brutto.

Mit seiner Klage hat der Kläger eine Anpassung seiner Betriebsrente nach § 16 Abs. 1 BetrAVG an den Kaufkraftverlust zum Stichtag 1. Juli 2022 und eine monatliche Betriebsrente iHv. insgesamt 1.962,00 Euro brutto verlangt. Er hat geltend gemacht, die wirtschaftliche Lage der Beklagten zum Anpassungsstichtag habe eine Anpassung nicht ausgeschlossen. Insbesondere habe sich die Beklagte für die Beurteilung ihrer wirtschaftlichen Lage nicht auf die letzten drei Jahre vor dem Anpassungsstichtag beschränken dürfen, weil dieser Zeitraum auch wegen der Sondereffekte der Covid-19-Pandemie nicht repräsentativ gewesen sei; die nach dem Anpassungsstichtag tatsächlich eingetretene positive wirtschaftliche Entwicklung sei für die Beklagte bereits am 1. Juli 2022 vorhersehbar gewesen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbare Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Anpassungsentscheidung der Commerzbank AG zum 1. Juli 2022 sei nicht zu beanstanden, lässt keine Rechtsfehler erkennen. Die Beklagte durfte im Rahmen des ihr nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zustehenden Ermessenspielraums unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Lage von einer Anpassung absehen, nachdem sie in den Geschäftsjahren 2020 und 2021eine (zum Teil deutlich) unzureichende Eigenkapitalverzinsung zu verzeichnen hatte. Der Prognose der Beklagten stand nicht entgegen, dass sich die Eigenkapitalverzinsung in den Jahren nach dem Anpassungsstichtag verbesserte. Im vorliegenden Fall hat sich das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise unter Würdigung des wechselseitigen Vortrags der Parteien die Überzeugung gebildet, dass die weitere Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung für die Beklagte nicht vorhersehbar war.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/betriebsrentenanpassung-wirtschaftliche-lage-prognose/

II.
Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss vom 29. September 2025 – 10 Ta 642/25

Schlagworte/Normen:
§§ 114, 127, 278 Abs. 6 ZPO

Leitsatz:
1. Wird vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zwischen den Parteien ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, der bisher nicht rechtshängige Gegenstände erfasst, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die finanziell unbemittelte Partei Prozesskostenhilfe nicht nur für die bereits rechtshängigen Streitgegenstände begehrt, die durch diesen Vergleich erledigt werden, sondern auch für die weiteren durch den Vergleich miterledigten Streitpunkte (BAG 30. April 2014 - 10 AZB 13/14 - Rn. 16, NZA-RR 2014, 382).

2. Anders ist die Situation, wenn ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt, dieser Antrag aber bereits beschieden worden ist und die Parteien sodann einen gerichtlichen Vergleich schließen. In einer solchen Situation ist das PKH-Verfahren grundsätzlich zunächst einmal abgeschlossen. Außerdem wäre gegebenenfalls eine neue Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen, da sich die Verhältnisse seit dem Bewilligungsbescheid im Laufe des Rechtsstreits geändert haben können (BAG 11. Februar 2025 - 4 AZB 26/24 - Rn. 19, NJW 2025, 1595).

3. Ein besonnener und verständiger Prozessbevollmächtigter muss damit rechnen, dass ein Rechtsstreit durch Erlass eines feststellenden Beschlusses nach § 278 Abs. 6 1. Alt. ZPO sofort beendet wird, wenn die Parteivertreter jeweils einen gleichlautenden Vergleichsvorschlag bei Gericht einreichen.

Siehe:
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE250001390

III.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 30. Oktober 2025 – 2 AZR 160/24

Schlagworte/Normen:
Probezeitkündigung im befristeten Arbeitsverhältnis

Volltext PE:
Für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis iSv. § 15 Abs. 3 TzBfG* gibt es keinen Regelwert. Vielmehr ist stets eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen.

Die Klägerin arbeitete seit 22. August 2022 bei der Beklagten als Advisor I Customer Service. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war auf ein Jahr befristet, wobei es mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein sollte. Die ersten vier Monate der Tätigkeit vereinbarten die Parteien als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist.

Mit einem am 10. Dezember 2022 zugegangenen Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Dezember 2022. Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und geltend gemacht, die vereinbarte Probezeit sei unverhältnismäßig lang, so dass das Arbeitsverhältnis frühestens mit der gesetzlichen Frist des § 622 Abs. 1 BGB** zum 15. Januar 2023 enden könne. Es sei aber davon auszugehen, dass wegen Unwirksamkeit der Probezeitklausel die Vereinbarung der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 4 TzBfG insgesamt entfalle. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die vorliegend mit drei Monaten anzusetzen sei.

Das Landesarbeitsgericht hat die Probezeit als unverhältnismäßig angesehen. Es sei von einem Regelwert von 25 % der Dauer der Befristung auszugehen, hier also drei Monate. Gründe, davon abzuweichen, lägen nicht vor. Die Kündigung sei dennoch wirksam, beende das Arbeitsverhältnis aber erst zum 15. Januar 2023.

Die Revision der Klägerin, die weiterhin eine vollständige Unwirksamkeit der Kündigung geltend macht, war vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Dagegen hat der Senat auf die Anschlussrevision der Beklagten das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen, gibt es keinen Regelwert von 25 % der Dauer der Befristung für eine verhältnismäßige Probezeit. Vielmehr ist in jedem Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Angesichts des von der Beklagten aufgestellten detaillierten Einarbeitungsplans mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer, nach denen die Mitarbeiter produktiv einsatzfähig sein sollen, hat der Senat vorliegend eine Probezeitdauer von vier Monaten als verhältnismäßig angesehen. Auch bei Vereinbarung einer unverhältnismäßig langen und deshalb unzulässigen Probezeitdauer hätte der Senat im Übrigen keine rechtliche Veranlassung gehabt, von einer Verkürzung der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG auszugehen, wonach eine Kündigung der sozialen Rechtfertigung bedarf, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/probezeitkuendigung-im-befristeten-arbeitsverhaeltnis/

IV.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 5. September 2025 – 14 SLa 145/25

Schlagworte/Normen:
verhaltensbedingte Kündigung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über das Internet, Fernuntersuchung mittels Fragebogen, Rücksichtnahmepflicht, wahrheitswidrige Behauptung eines ärztlichen Kontakts zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, gegen Gebühr erworbene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Erschleichen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Entbehrlichkeit einer Abmahnung

Leitsatz (der Redaktion):
Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung bejaht nach Vorlage einer im Internet gegen Gebühr erworbenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne Arztkontakt (unechte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung)

Siehe:
https://nrwe.justiz.nrw.de/arbgs/hamm/lag_hamm/j2025/14_SLa_145_25_Urteil_20250905.html

V.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 13. November 2025 – 6 AZR 131/25

Schlagworte/Normen:
Keine primäre Korrekturkompetenz der Tarifvertragsparteien im Anwendungsbereich unionsrechtlich überformter Diskriminierungsverbote

Volltext PE:
Verstößt eine tarifliche Norm gegen das Diskriminierungsverbot befristet beschäftigter Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 2 TzBfG und ist deshalb gemäß § 134 BGB (teil)nichtig, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch darauf, so behandelt zu werden wie die vergleichbaren Dauerbeschäftigten, ohne dass den Tarifvertragsparteien zuvor die Möglichkeit zur Korrektur ihrer diskriminierenden Regelung einzuräumen ist.

Der Kläger ist seit Juni 2019 als Zusteller bei der bundesweit logistische Dienstleistungen anbietenden Beklagten zunächst befristet, seit Juni 2020 unbefristet beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach den bei der Beklagten geltenden Haustarifverträgen. Die Höhe der Vergütung richtet sich ua. nach der jeweiligen Entgeltgruppe sowie einer von der Beschäftigungszeit bei der Beklagten abhängigen Gruppenstufe.

Vor dem Hintergrund einer umfassenden Reorganisation bei der Beklagten ab Juli 2019 vereinbarten die Tarifvertragsparteien ua. eine Verlängerung der Gruppenstufenlaufzeiten für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse nach dem 30. Juni 2019 neu begründet worden sind. Die Parteien haben darüber gestritten, ob von dieser Regelung auch Wiedereinstellungen Beschäftigter erfasst werden, die vor diesem Stichtag befristet tätig waren, und ob in diesem Fall die dann auch für jene Arbeitnehmergruppe erfolgte Verlängerung der Stufenlaufzeiten im Einklang mit § 4 Abs. 2 TzBfG steht. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Senat hat entschieden, dass die streitige Tarifnorm auch Arbeitnehmer wie den Kläger erfasst, deren befristete Arbeitsverhältnisse nach dem 30. Juni 2019 erneut begründet wurden. Die Regelung verstößt gegen den Unionsrecht umsetzenden § 4 Abs. 2 TzBfG. Die von der Beklagten dargelegten Gründe für die Ungleichbehandlung, die aufgrund des Unionsrechtsbezugs von § 4 Abs. 2 TzBfG von den Gerichten für Arbeitssachen einer vollständigen und nicht lediglich – wie bei bestimmten Verstößen gegen Art. 3 Abs. 1 GG – einer Willkürkontrolle zu unterziehen sind, rechtfertigen diese Ungleichbehandlung nicht und diskriminiert deshalb den Personenkreis der zuvor befristet Beschäftigten. Die Tarifbestimmung ist insoweit teilnichtig. Der Kläger hat deshalb nach § 612 Abs. 2 BGB iVm. § 4 Abs. 2 Satz 3 iVm. Satz 1 TzBfG ebenso wie die vergleichbaren am Stichtag unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer Anspruch auf Beibehaltung der kürzeren Gruppenstufenlaufzeiten. Das konnte der Senat entscheiden, ohne den Tarifvertragsparteien zuvor Gelegenheit zur Beseitigung der Diskriminierung zu gewähren. Den Tarifvertragsparteien ist im Anwendungsbereich unionsrechtlich überformter Diskriminierungsverbote – anders als bei Verletzungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG (dazu Bundesverfassungsgericht vom 11. Dezember 2024 – 1 BvR 1109/21 ua -) – keine primäre Korrekturmöglichkeit einzuräumen. Art. 3 Abs. 1 GG entfaltet im Unterschied zu unionsrechtlich überformten Diskriminierungsverboten keine Abschreckungsfunktion.

Siehe:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/keine-primaere-korrekturkompetenz-der-tarifvertragsparteien-im-anwendungsbereich-unionsrechtlich-ueberformter-diskriminierungsverbote/

VI.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. November 2025 – 3 SLa 699/24

Schlagworte/Normen:
Vulgäre Kritik an der Schichtführung rechtfertigt Kündigung nicht

Volltext PE:
Der Kläger arbeitete seit dem Jahr 2020 bei der Beklagten, die als Teil einer Handelsgruppe ein Verteilzentrum betreibt, zuletzt als "Sortation Associate" in Dauernachtschicht. Mit Schreiben vom 09.04.2024 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung mit dem Vorwurf, seinen Arbeitsplatz verlassen zu haben, sowie eine Abmahnung mit dem Vorwurf, Vorgesetzte beleidigt zu haben.

Am 24.08.2024 kam es zu Differenzen mit der neuen Vorgesetzten des Klägers. Die Beklagte behauptet, die Anweisung der Vorgesetzten andere Mitarbeiter zu unterstützen, habe der Kläger ignoriert. Er habe zu dieser gesagt, dass sie ihm nichts sagen könne. Sie sei noch ein Kind. Als diese ihn gebeten habe, die Halle zu verlassen, um sich zu beruhigen, habe der Kläger aufbrausend reagiert und auf Türkisch gesagt: "Du hast die Mutter der Schicht gefickt". Dem widerspricht der Kläger. Er habe in türkischer Sprache gesagt "Du hast die Schichtmutter weinen lassen". Dies bedeute im Deutschen sinngemäß, es werde in der Schicht viel Druck ausgeübt. Der türkische Ausdruck könne leicht missverstanden und mit der unanständigen Version der Beklagten verwechselt werden. Wegen der Entfernung und Lautstärke sei er falsch verstanden worden. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.09.2024 ordentlich zum 31.10.2024.

Nachdem seine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht abgewiesen wurde, hatte der Kläger mit seiner Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Die Kammer hat über das Geschehen vom 24.08.2024 Beweis erhoben durch Vernehmung der Vorgesetzten, eines bei dem Gespräch anwesenden Kollegen und des Shift Managers, der mit den Beteiligten nach dem Vorfall gesprochen hatte. Danach hielt die Kammer es zwar für erwiesen, dass der Kläger die Äußerungen im Wesentlichen so, wie von der Beklagten geschildert, getätigt hat. Aus den Aussagen der Zeugen ergab sich aber, dass die Äußerungen nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigungen gemeint und zu verstehen waren. Es handelte sich danach um eine in vulgärer Sprache geäußerte Kritik, die sich auf die Art und Weise der Schichtführung als solche bezog. Angesichts der besonderen Umstände einer Konfliktsituation einerseits sowie unter Abwägung der wechselseitigen Interessen andererseits hielt die Kammer den Ausspruch einer Kündigung für unverhältnismäßig.

Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen.

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/presse/2025-11-19-0

VII.
Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss vom 21. November 2025 – 12 Ta 718/25

Schlagworte/Normen:
§§ 33 RVG, §§ 99, 100 BetrVG

Leitsatz:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren bezüglich einer personellen Einzelmaßnahme, §§ 99, 100, 101 BetrVG bemisst sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG.

Bei Versetzungsmaßnahmen, die absehbar für keine längere Dauer als drei Monate beabsichtigt sind, ist es regelmäßig sachgerecht, einen halben Ausgangswert in Ansatz zu bringen, wenn nicht besondere Umstände einen vollen Ausgangswert rechtfertigen.

Siehe:
https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE250001539

VIII.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 11. September 2025 – 15 SLa 12/25

Schlagworte/Normen:
unterlassene Zielvereinbarung - Schadensersatz - vertragliche Ausschlussfrist - Teilbarkeit - unangemessene Benachteiligung

Leitsatz:
1.Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele festzulegen, an deren Erreichen eine Prämie geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode gemäß § 280 Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch aus.

2.Eine teilweise Streichung unter Aufrechterhaltung der Ausschlussfristenregelung im Übrigen in Anwendung des sog. blue-pencil-Tests scheidet aus, wenn es sich um eine einheitliche Regelung handelt, die inhaltlich nicht teilbar ist. Dies ist der Fall, wenn durch Streichung einer Alternative der Anwendungsbereich der verbleibenden Alternative erweitert würde. Eine solche inhaltliche Verschränkung liegt vor, wenn die Klausel eine Grundausschlussfrist und Ausnahmen hierzu beinhaltet, die auf die Grundausschlussfrist Bezug nehmen.

3.Eine Ausschlussfristenregelung benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn der Arbeitgeber zu seinen Gunsten Ansprüche (hier auf Rückforderung überzahlter Vergütung) von der Geltung der Ausschlussfrist ausnimmt, ohne dem Arbeitnehmer einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.

Siehe:
https://nrwe.justiz.nrw.de/arbgs/hamm/lag_hamm/j2025/15_SLa_12_25_Urteil_20250911.html

IX.
Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 11. September 2025 – 13 SLa 316/25

Schlagworte/Normen:
§§ 24 S. 2 MuSchG, 17 Abs. 2 BEEG - Verfall von Urlaubsansprüchen

Leitsatz:
§ 24 S. 2 MuSchG und § 17 Abs. 2 BEEG beinhalten keine Verlängerung des dreimonatigen Übertragungszeitraums des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG, sondern eine eigenständige, von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende Regelung des Urlaubsjahres. Vor Ablauf des danach zu bestimmenden Urlaubsjahres kann ein Verfall von Urlaubsansprüchen nicht eintreten.

Siehe:
https://nrwe.justiz.nrw.de/arbgs/hamm/lag_hamm/j2025/13_SLa_316_25_Urteil_20250911.html

Neu eingestellte Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein:
keine

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
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