Stephan Schmelzer
Anwaltskanzlei Dr. Schmelzer
Ostberg 3
59229 Ahlen


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Betriebsbedingte Kündigung von Führungskräften – rechtliche Besonderheiten, Sozialauswahl und Abfindungsverhandlungen

Betriebsbedingte Kündigungen gehören zu den rechtlich anspruchsvollsten und strategisch sensibelsten Maßnahmen im Arbeitsrecht – insbesondere, wenn sie leitende Angestellte oder Manager betreffen. Neben der unternehmerischen Begründung spielen Sozialauswahl, Vertragsinhalte und Verhandlungsstrategien eine zentrale Rolle.

1. Unternehmerische Entscheidung und Wegfall der Führungsebene

Voraussetzung einer betriebsbedingten Kündigung ist stets eine unternehmerische Organisationsentscheidung, die zum dauerhaften Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes führt (§ 1 Abs. 2 KSchG). Solche Entscheidungen können etwa im Zuge von Umstrukturierungen, Kostensenkungsprogrammen, Fusionen oder der Auflösung einer Hierarchieebene getroffen werden.

Gerade bei Führungskräften wird häufig argumentiert, die von ihnen wahrgenommenen Aufgaben würden künftig auf mehrere Mitarbeiter oder auf die nächsthöhere Leitungsebene verteilt. Diese Begründung ist rechtlich nur dann tragfähig, wenn sie nachvollziehbar und detailliert dargelegt wird. Arbeitgeber müssen im Streitfall konkret nachweisen, dass die Aufgaben tatsächlich entfallen und keine alternative Beschäftigung – etwa in einer anderen Abteilung oder Konzerngesellschaft – möglich war.

Die bloße Behauptung, eine „Leitungsebene sei entfallen“, reicht der Rechtsprechung zufolge nicht aus (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.2020 – 2 AZR 450/19).

2. Sozialauswahl im Managementbereich

Auch bei leitenden Angestellten gilt der Grundsatz der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG), sofern das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Berücksichtigt werden müssen:

Dauer der Betriebszugehörigkeit,

Lebensalter,

Unterhaltspflichten,

Grad einer etwaigen Schwerbehinderung.

In der Praxis ist der Vergleichskreis bei Führungskräften jedoch häufig klein, da nur Personen auf gleicher Hierarchieebene und mit vergleichbarer Funktion einbezogen werden.

Eine weitere Besonderheit ist die sogenannte Leistungsträgerklausel: Arbeitnehmer, deren besondere Kenntnisse oder Leistungen für den Betrieb wesentlich sind, können aus der Sozialauswahl herausgenommen werden. Gerichte prüfen solche Ausnahmen streng – insbesondere, wenn die „betriebliche Notwendigkeit“ nicht substantiiert belegt wird.

3. Abfindungsverhandlungen und wirtschaftliche Interessen

Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen entstehen regelmäßig nicht automatisch, sondern im Rahmen individueller Verhandlungen oder gerichtlicher Vergleiche.
Während sich die Abfindungshöhe in der Praxis oft an der Faustformel von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr orientiert (§ 1a KSchG), liegen die tatsächlich ausgehandelten Beträge bei Führungskräften häufig deutlich höher.

Gründe hierfür sind:

höhere Vergütungsstrukturen (Fixum, Bonus, Dienstwagen, Aktienoptionen),

reputationsbezogene Interessen beider Seiten,

Wunsch nach diskreter, außergerichtlicher Lösung.

Ein frühzeitiger anwaltlicher Vergleich kann den Weg zu einer schnellen und wirtschaftlich sinnvollen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ebnen – häufig kombiniert mit Regelungen zu Freistellung, Zielbonus, Wettbewerbsverboten und Zeugnisformulierungen.

4. Warum die Vertretung durch einen Fachanwalt entscheidend ist

Führungskräfteverträge sind komplex und häufig individuell ausgehandelt. Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht ist insbesondere aus folgenden Gründen unverzichtbar:

Vertragsanalyse: Prüfung von Umstrukturierungs-, Bonus- und Beendigungsklauseln, Nebentätigkeitsverboten und Geheimhaltungspflichten.

Verhandlungsstrategie: Kenntnis marktüblicher Abfindungsgrößen, Vergleichsstrategien und typischer Arbeitgeberargumente.

Fristenkontrolle: Auch Manager müssen die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG einhalten – sonst wird die Kündigung wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war.

Diskretion und Reputationsschutz: Professionelles Vorgehen verhindert unnötige Eskalation und wahrt das berufliche Ansehen.

5. Handlungsempfehlungen für betroffene Führungskräfte

Frist wahren: Innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben.

Vergleichsrahmen analysieren: Zielabfindung, Bonuskomponenten, Dienstwagen- und Wettbewerbsfragen frühzeitig definieren.

Vergleichsgruppe dokumentieren: Liste möglicher Vergleichspersonen auf derselben Ebene erstellen (Funktion, Verantwortungsbereich, Gehalt).

Nachweise sichern: Organigramme, Umstrukturierungsmitteilungen und Gesprächsnotizen dokumentieren.

Rechtliche Beratung suchen: Frühzeitige anwaltliche Unterstützung erhöht die Chancen auf ein optimales Ergebnis.

Fazit

Die betriebsbedingte Kündigung von Führungskräften unterscheidet sich in ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Tragweite deutlich von Standardkündigungen.
Fehler in der Sozialauswahl, unzureichend belegte unternehmerische Entscheidungen oder strategisch ungeschickte Verhandlungen können erhebliche finanzielle Folgen haben.

Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht hilft, Ansprüche rechtzeitig zu sichern, Verhandlungsspielräume zu nutzen und den eigenen Ruf zu schützen – ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche berufliche Neuorientierung.

Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, http://www.dr-schmelzer.eu, Ostberg 3, 59229 Ahlen, Tel.: 02382.6646.

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
 
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