Friedrich Schöbitz
Schöbitz Rechtsanwälte
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Topaktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts




von Rechtsanwalt Friedrich Schöbitz, Stuttgart
Inbezugnahme von Tarifverträgen gilt auch für spätere Sanierungstarifverträge
LAG Hamm 22.04.2008, AZ: 9 Sa 2230/07
 
Vorliegend wurde im Arbeitsvertrag eine Inbezugnahme des Manteltarifvertrages der Branche in seiner jeweiligen Fassung vereinbart. Hernach wurde im Unternehmen der Parteien ein gesonderter Firmen-Sanierungstarifvertrag abgeschlossen, der vom Manteltarifvertrag ab-wich. Nach Ansicht des LAG Hamm ist die arbeitsvertragliche Inbezugnahme des jeweiligen Manteltarifvertrages dahingehend auszulegen, dass auch ein späterer Firmen-Sanierungstarifvertrag arbeitsvertraglich einbezogen ist. Soweit dieser Firmen-Sanierungstarifvertrag vom Manteltarif abweicht, verdränge dieser hinsichtlich seiner Rege-lungsgegenstände nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz als speziellerer Tarifvertrag den Manteltarifvertrag und gehe insoweit vor.
Anm. der Verf.:
Die Auslegung des Arbeitsvertrages und der Verweisungsklauseln scheint sehr weitgehend. Man wollte gegebenenfalls gerade nur den Manteltarifvertrag und nicht alle anderen Tarifver-träge oder einen Firmen-Sanierungsvertrag vereinbaren. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil in der Revision Bestand hat.
Probezeitbefristung bei befristetem Arbeitsverhältnis kann überraschende Klausel sein
BAG 16.04.2008, AZ: 7 AZR 132/07
Auch im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist eine Probezeitbefristung sachge-recht und üblich. Vorliegend war im Arbeitsvertrag die Befristung an sich drucktechnisch hervorgehoben, die weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses zum Ablauf der 6-monatigen Probezeit (Probezeitbefristung) jedoch nicht.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Probezeitbefristung hier als überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB gewertet, so dass die Klausel unwirksam war. Der Arbeitnehmer habe ein rechtlich geschütztes Vertrauen darauf, dass an anderer, nicht hervorgehobener Stelle des Ver-trages keine weiteren Vertragsklauseln ähnlichen Regelungsinhaltes existieren.
Unternehmensdepesche 10-2008
DASV
Anm. der Verf.:
Das Urteil zeigt, dass die unbedachte Formulierung von Arbeitsverträgen nicht unerhebliche Risiken bergen. Gleichwohl erscheint das Urteil etwas überzogen.
Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften führt in der Regel nur zur Abmahnung
LAG Köln 16.07.2008, AZ: 3 Sa 190/08
Die Nichteinhaltung der Sicherheitsvorschriften stellt eine arbeitsvertragliche Pflichtverlet-zung dar, insbesondere dann, wenn hierdurch ein schwerer Arbeitsunfall verursacht wird. Ei-ne derartige schwerwiegende Pflichtverletzung hat im vorliegenden Fall nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Köln jedoch eine Kündigung nicht rechtfertigen können. Vielmehr be-steht ein grundsätzliches Abmahnungserfordernis vor einer derartigen verhaltensbedingten Kündigung. Da eine solche Abmahnung nicht ausgesprochen war, war die Kündigung un-wirksam.
Anm. der Verf.:
Auch bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen muss gleichwohl vor Ausspruch einer verhal-tensbedingten Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Hieran ändert auch ein schwerer Ar-beitsunfall infolge der Pflichtverletzung nichts.
Anfechtung Aufhebungsvertrag wegen rechtswidriger Drohung mit Kündigung
ArbG Düsseldorf 06.08.2008, AZ: 4 Ca 3086/08
Der Arbeitnehmer hatte im vorliegenden Fall einen Aufhebungsvertrag unterschrieben. Der Arbeitgeber hatte im Zuge der vorangehenden Gespräche lediglich geäußert, die Kündigung komme neben anderen Maßnahmen für ihn in Betracht.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat hier der Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen rechtswidriger Drohung mit einer Kündigung nach § 123 BGB nicht stattgegeben. Diese käme nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber unbedingt den Ausspruch der Kündigung für den Fall der Nichtannahme des Aufhebungsvertrages in Aussicht stellt. Dies war hier nicht der Fall, da lediglich die Kündigung neben anderen Maßnahmen seitens des Arbeitgebers in Betracht ge-zogen wurde.
Anm. der Verf.:
Unternehmensdepesche 10-2008
DASV
Aufhebungsverträgen vorausgehende Gespräche sollten immer ohne Drohungen, auch Dro-hung einer unbedingten Kündigung für den Fall der Nichtannahme des Vertrages ausgespro-chen werden. Der vorliegende Fall zeigt die Möglichkeiten für den Arbeitgeber auf, wie eine drohende Anfechtung vermieden werden kann.
Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen
BAG 30.07.2008, AZ: 10 AZR 606/07
Der Arbeitgeber kann bei Sonderzahlungen grundsätzlich einen Rechtsanspruch des Arbeit-nehmers auf die Leistung für künftige Bezugsräume ausschließen. Üblicherweise erfolgen entsprechende Hinweise im Arbeitsvertrag. Soweit ein Arbeitsvertrag vorliegt, muss dieser jedoch dem Transparenzgebot der §§ 305 ff. BGB gerecht werden. Dieser muss deshalb klar und verständlich sein.
Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einerseits im Formulararbeitsvertrag eine Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe ausdrücklich zusagt und in einer anderen Ver-tragsklausel im Widerspruch dazu regelt, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung hat, da diese eine freiwillige stets widerrufbare Leistung sei. Da sich Wi-derrufs- und Freiwilligkeitsklausel ausschließen, ist der Vertrag unklar. Der Widerruf einer Leistung durch den Arbeitgeber setzt einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Hat der Arbeitnehmer aufgrund eines Freiwilligkeitsvorbehaltes dagegen keinen An-spruch auf die Leistung, geht ein Widerruf der Leistung ins Leere.
Der Klage des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung wurde stattgegeben.
Anm. der Verf.:
Das Urteil zeigt, wie die höchstrichterliche Rechtsprechung die Wirksamkeit bisher üblicher arbeitsvertraglicher Regelungen aufgrund der Gesetzesänderungen der §§ 305 ff. BGB neu ordnet. Arbeitsverträge, insbesondere hinsichtlich der Sonderzahlungen sind deshalb in den alten üblichen Fassungen zumeist angreifbar. Eine Überprüfung der alten Verträge und eine sorgfältige Gestaltung neuer Verträge ist dringend anzuraten.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung.
Unternehmensdepesche 10-2008
DASV
Rechtsanwalt Friedrich Schönitz,
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Tel. 0711/ 60 17 34 – 30 Fax. 0711/ 60 17 34-33
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