Oliver Wiethaus
Göhmann Rechtsanwälte
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Der Europäische Vollstreckungstitel




Von Rechtsanwalt Oliver Wiethaus, Barcelona
Das Zusammenwachsen der Europäischen Union zeigt sich heutzutage nicht nur in offenen Grenzen beim Reisen in das Ausland sondern hat auch Auswirkungen auf juristische Probleme.
 
Eines dieser Probleme ist die Durchsetzung eines Vollstreckungstitels, denn auch wenn einem Kläger, nach oftmals harten Kämpfen in Gerichtssälen, Recht zugesprochen wird, so heißt dies doch nicht zugleich, dass er auch seine Forderung durchbringen kann. Oftmals liegt der Grund einer solchen Nichtdurchsetzbarkeit in der Insolvenz des Beklagten, jedoch konnte, zumindest in der Vergangenheit, auch das bloße Verschwinden des Schuldners ins Ausland, sei es Prag, Rom oder Mallorca, zu gewichtigen Problemen führen. Solchen Problemen soll die EG-Verordnung Nr. 805/2004, welche am 21.10.2005 in Kraft getreten war, entgegenwirken.
Der Grundgedanke dahinter war der, dass Kläger mit einem einmal erlangten Vollstreckungstitel in allen EU-Ländern ohne einen weiteren Gerichtsmarathon ihre Forderung durchsetzen können. Eine solche Vereinfachung des Rechtsverkehrs in Europa trifft verständlicherweise auf Probleme: die Vielfältigkeit der Rechtssysteme, die verschiedenen Sprachen und die Verbindung dieser zwei Punkte, die Rechtssprache, oder auch lingua iuris, welche in vielen Ländern von nicht im juristischen Bereich Arbeitenden zurecht als unverständliche Parallelsprache gesehen wird. Durch die Bestätigung des nationalen Vollstreckungstitels auf europarechtlicher Ebene werden die genannten Probleme zumindest teilweise verhindert. Dieser internationale Titel kann eine unbestritten geltende Forderung nun ohne gerichtliches Anerkennungsverfahren im Ausland durchbringen. Dies gilt für alle Staaten der Europaeischen Union mit Ausnahme von Dänemark. Um einen solchen Europäischen Vollstreckungstitel zu erlangen muss die Forderung unbestritten sein, das heißt sie muss alternativ unter verschiedenen Voraussetzungen gerichtlich festgestellt worden sein. Hierbei bestehen vier Möglichkeiten:
1.
der Schuldner hat die Forderung im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich anerkannt oder in einem vom Gericht gebilligten oder vor einem Gericht im Laufe des Verfahrens geschlossenen Vergleich zugestimmt;
2.
der Schuldner hat der Forderung im gerichtlichen Verfahren zu keiner Zeit widersprochen;
3.
der Schuldner ist zu einer Gerichtsverhandlung nicht erschienen und nicht vertreten worden, nachdem er zuvor der Forderung widersprochen hatte; oder
4.
der Schuldner hat die Forderung in einer öffentlichen Urkunde anerkannt.
Liegt einer dieser Fälle vor und war die Forderung nicht vor dem 21.10.2005 tituliert, also gerichtlich festgestellt worden, so wird auf Antrag der Europäische Vollstreckungstitel bestätigt.
Wurde dieser erlangt, so bestimmt sich das Vollstreckungsverfahren nach dem Recht des Staates in dem der Titel vollstreckt, die Forderung also durchgebracht werden soll. Von dem Gläubiger, also dem vorigen Kläger müssen dann zu diesem neuen Titel nur noch eine Ausfertigung der Entscheidung und gegebenenfalls eine Transkription der Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel oder eine Übersetzung dieser Bestätigung in die Sprache des Vollstreckungsstaates beigefügt werden.
Auch wenn diese Verordnung zu einer Vereinfachung der Vollstreckungen im europäischen Ausland führt, so sollte doch nicht übersehen werden, dass sie dort nicht zu einer Vereinfachung führt, wo eine Vollstreckung aus den eigenen nationalen Titeln mit Schwierigkeiten behaftet ist. Zudem muss beachtet werden, dass der Vollstreckungsstaat bei der Vollstreckung eine Sicherheitsleistung oder eine Hinterlegungsleistung fordern kann.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
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